Lüneburg (dpa/lni) - Niedersächsische Kommunen müssen «Reball» - das Training mit wiederverwendbaren Farbbällen - in Hallen zulassen. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg bestätigte am Donnerstag zwei Verwaltungsgerichtsurteile, die die Städte Winsen/Luhe und Stade dazu verpflichteten, Baugenehmigungen für die Umnutzung von Hallen für das Training zu erteilen. Sie hatten dies abgelehnt, da ihrer Ansicht nach beim Spiel das «spielerische Töten» im Vordergrund stehe und der Mensch zum Objekt herabgewürdigt werde. Dagegen hatten die Betreiber geklagt und Recht bekommen. Die OVG-Richter sahen die Menschenwürde nicht verletzt, hieß es.
*OVG: Sporthallen dürfen für «Reball» genutzt werden Donnerstag, 18. Februar 2010, 19:19 Uhr
Lüneburg (dpa/lni) - Niedersächsische Kommunen müssen «Reball» - das Training mit wiederverwendbaren Farbbällen - in Hallen zulassen. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg bestätigte am Donnerstag zwei Verwaltungsgerichtsurteile, die die Städte Winsen/Luhe und Stade dazu verpflichteten, Baugenehmigungen für die Umnutzung von Hallen für das Training zu erteilen. Sie hatten dies abgelehnt, da ihrer Ansicht nach beim Spiel das «spielerische Töten» im Vordergrund stehe und der Mensch zum Objekt herabgewürdigt werde. Dagegen hatten die Betreiber geklagt und Recht bekommen. Die OVG-Richter sahen die Menschenwürde nicht verletzt, hieß es.
*Ob Reball mit der grundrechtlich geschützten Menschenwürde vereinbar ist, darüber hatte der 1. Senat des Oberverwaltungsgericht gestern zu entscheiden. Wobei Richter Claus früh warnte, mit dem Begriff "Menschenwürde" sei "nicht so einfach umzugehen". So würden die Spieler ja nicht gezwungen, Reball zu spielen.
"[...]Rechtsanwalt Alfred Dietrich (Lüneburg), Vertreter der Stadt Winsen, betonte dagegen: "Dieses Spiel ist nichts anderes als simuliertes Kriegsspiel. Es erinnert stark an Häuserkampf. Einer kämpft sich aus der Deckung vor, andere geben Deckung." Die Hemmschwelle, auf Menschen zu schießen, werde "deutlich herabgesetzt".
Ganz anders sah das Rechtsanwalt Dirk Baumann aus Göttingen, der die Kläger vertrat: "Spiele, in denen das Ausschalten eines Menschen Spielgegenstand ist, gibt es in der Menschheitsgeschichte schon lange - etwa Brennball, Ritterspiele oder Fechten." Wie Richter Claus warnte Baumann vor dem zu leichtfertigen Umgang mit dem Begriff Menschenwürde, Reball sei eben nicht gleichzusetzen mit Sklaverei, Folter oder Unterdrückung - dem folgte am Ende das Gericht.[...]"
*Aktenzeichen: 1 LC 244/07
eine weitere externe Website berichtet über das Urteil:
*Urteil:Paintball verstößt nicht gegen die Menschenwürde
Das niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg bestätigte kürzlich zwei zuvor ergangene Verwaltungsgerichtsurteile, die die Städte Winsen/Luhe und Stade dazu verpflichtet haben, Baugenehmigungen für ihre Sporthallen zu erteilen.
Die Kommunen müssen die Paintballspiele demnach zulassen. Man hatte in der Vergangenheit versucht, sich juristisch dagegen zu wehren, dass deren Hallen für diese Sportart umgebaut werden. Nachdem die Baugenehmigungen nicht erteilt wurden, ging der Fall am 18. Februar von den jeweiligen Verwaltungsgerichten zum Oberverwaltungsgericht Niedersachsen. Die Kommunen sahen aufgrund des "spielerischen Tötens" bei Paintball die Würde des Menschen als erniedrigt an. Die Betreiber hatten dagegen geklagt und schon in erster Instanz Recht bekommen. Die Mitspieler machen sich nach Auffassung der Richter am OVG Lüneburg nicht wechselseitig zum bloßen "Objekt". Die Lüneburger Richter waren nicht der Vorstellung einiger Politiker gefolgt, die darin lediglich die Simulation eines Tötungsaktes zu erkennen glauben, der menschenverachtend und sittenwidrig sei.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssachen wurde jeweils die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen. Es bleibt aber abzuwarten, ob die Gemeinden diesen kosten- und zeitintensiven Weg wirklich gehen wollen. Dann könnte es aber zu einem interessanten und nicht minder wichtigen Grundsatzurteil kommen.
*und zum Thema Präzedenzfall:
Präzedenzfall
Ein Präzedenzfall (oder auch Musterfall) beschreibt einen juristischen Fall, dessen Entscheidung sich zum Maßstab anderer Fälle entwickelt hat.
Die größte Rolle spielen Präzedenzfälle im anglo-amerikanischen Rechtskreis (engl. precedent). Das dortige Rechtssystem basiert unter anderem auf der Auswertung vergleichbarer Gerichtsentscheidungen. Die gerichtliche Entscheidung wird selbst Teil des Rechtssystems und ist Grundlage für weitere Urteile. Binding precedents binden vor allem rangniedrigere Gerichte.
Der kontinentaleuropäische Rechtskreis folgt dagegen der Idee des Positivismus. Entscheidungen orientieren sich an Gesetzen und nicht an den Entscheidungen anderer Gerichte. Von einem Präzedenzfall kann man allenfalls dann sprechen, wenn ein Obergericht in einem Urteil Grundsätzliches zur Auslegung dieses Gesetzes festlegt. Entscheidend ist aber, dass auch künftig das Gesetz angewandt wird und die Präzedenz hierzu nur eine Auslegungshilfe bietet. Andere Gerichte werden durch Präzedenzfälle selbst nicht gebunden. Deshalb spricht man in Deutschland in der Regel nicht von Präzedenzfällen, sondern von Grundsatzentscheidungen.
Eine Ausnahme bilden bestimmte Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes, wenn sie Gesetze wegen Verfassungswidrigkeit aufheben und/oder vorübergehend eine ersetzende Regelung treffen.
*Weitere Infos folgen!!!
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Thema: Re: Zusammengefasst Fr Feb 26, 2010 2:50 pm
Paintball: Verstößt nicht gegen Menschenwürde Rechtsgebiet: Sportrecht Rechtstipp vom 23.02.2010 Die Spiele Paintball und Reball verstoßen nicht gegen die Menschenwürde. Wie das Oberverwaltungsgericht (OVG) Niedersachsen mit zwei Urteilen entschieden hat, gilt dies zumindest für die zur Genehmigung gestellte Variante. Das OVG tritt damit der Auffassung der beklagten Behörden entgegen. Diese meinten, die Spieler machten sich beim Paint- beziehungsweise Reball wechselseitig zum bloßen «Objekt».
Paintball ist ein Mannschaftsspiel, bei dem Gegenspieler mit Hilfe von Gasdruckwaffen, die mit Farbmunition geladen sind, markiert werden. Wer getroffen wird, muss das Spielfeld verlassen. Das Spiel ist zu Ende, wenn eine Mannschaft die an der gegnerischen Startposition befindliche Flagge gerissen und zur eigenen Startposition gebracht oder einen an der gegnerischen Startposition befindlichen Buzzer betätigt hat. Die «Reball»-Spielregeln sind dieselben. Allerdings werden statt der Farbkugeln wieder verwendbare Kautschukkugeln verwendet.
Das OVG hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssachen jeweils die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.
Oberverwaltungsgericht Niedersachsen, Urteile vom 18.02.2010, 1 LC 244/07 und 1 LB 85/08